Gänsehaut garantiert: 911 SC, aufgebaut nach Gruppe 4/1981

FIA-Homologation 3062

FIA-Homologation 3062

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Fotos: Marcel Kühler

FIA-Homologation 3062

Den kompletten Beitrag mit tollen Bildern finden Sie in PORSCHE SCENE 03/2009 – nachzubestellen bei unserem Leserservice unter +49 (0) 2366/808-300.

Fallbeispiel: Aufbau gemäß FIA-Homologation 3062 (Replika)

In Ausgabe 12/2008 riefen wir Sie dazu auf, Ihre Erfahrungen mit dem 911 SC zu dokumentieren. Unter den unerwartet zahlreichen Einsendungen befand sich auch der Beitrag von Andreas Schulz aus Velten, nördlich von Berlin im Landkreis Oberhavel gelegen. Sein 78er Modell verwandelte sich seit dem Jahr 2002 schrittweise in eine Rennversion nach dem bis 1981 gültigen Gruppe-4-Reglement. Die Bilanz bei der Youngtimer-Trophy 2008: siebter Gesamtrang, bester Porsche. Andreas Schulz rekapituliert Aufbau sowie weitere Entwicklung – Einblicke und Erfahrungen aus erster Hand

"1999 habe ich am Freitag vor dem 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring die ADAC-Youngtimer-Trophy beim “Egons 500” zum ersten Mal erlebt. Ich war auf Anhieb begeistert! Zu dieser Zeit war ich selbst auf der Nordschleife aktiv, und zwar im Veedol-Langstreckenpokal. Ich erinnere mich genau, wie überrascht ich beim Anblick der damals rund 120 Rennwagen der Baujahre 1966 bis ‘81 gewesen bin. Ich bekam Gänsehaut – das waren ja die Fahrzeuge meiner Kindheit, als ich meinen Vater an die Rennstrecken begleitete. Der alte Herr bewegte in den 70er und 80er Jahren vom Fiat Abarth 1.000 TC über BMW 2002 tii und 3,0 CSL bis hin zum Lola T 390 so ziemlich alles, was vier Räder hatte. Den Sound dieser Fahrzeuge erkennt man ein Leben lang – mich hatte es voll erwischt! Von nun an beschäftigte ich mich intensiver mit der Youngtimer-Trophy. Es vergingen drei weitere 24-Stunden-Rennen und etliche Langstreckenpokal-Läufe, bis ich endlich das sportliche Lager wechselte. Von Anfang an war für mich klar, dass es ein Porsche sein musste. Schon als kleiner Junge haben mich die Elfer am meisten interessiert. RSR 3,0 oder 2,7 RS schienen unbezahlbar zu sein. Ich sah mich nach Alternativen um.

Meinen 78er 911 SC erwarb ich 2004. Ich war seit längerem auf der Suche nach einem passenden Einsatzfahrzeug für die Youngtimer-Trophy, und dies schien eine günstige Gelegenheit zu sein. Ein Enthusiast aus Hildesheim baute das Auto ab 2002 auf Basis einer gebrauchten Rohkarosse zusammen, um am Bördesprint in Oschersleben teilzunehmen. 2004 konnte er einen GT3 erwerben. Zur Finanzierung gab er den 911 SC verhältnismäßig preiswert an mich weiter. Der 911 SC war frisch lackiert worden und sah für meine Begriffe richtig gut aus. Allerdings fehlte mir – als typischem Schreibtischtäter – das nötige technische Verständnis für die Marke aus Zuffenhausen. Diese “Blauäugigkeit” habe ich später teuer bezahlt. Gleich nach dem Kauf probierte ich meinen Neuerwerb auf der Nürburgring-Nordschleife aus. Die Strecke kannte ich gut und konnte mich voll auf meinen Porsche konzentrieren. Der erste Eindruck: auf der ganzen Linie enttäuschend. Das Fahrwerk war grausam, das Auto fühlte sich weich an, dem Motor fehlte Dampf, die Bremse hatte ständig wechselnde Druckpunkte. Ich verschweißte den verschraubten Überrollkäfig ordentlich mit der Karosserie, um mehr Steifigkeit zu erzielen. Im nächsten Schritt baute ich Fahrwerksfedern mit strafferer Kennlinie ein. Karbon-Rennbeläge sollten die Bremsanlage verbessern. Eine Auspuffanlage mit Fächerkrümmern und Cargraphic-Endtopf schloss die erste Investitionsrunde ab.

2005 lief es etwas besser. Ich befand mich im hinteren Mittelfeld der Youngtimer-Trophy und fasste eine zweite Investitionsphase ins Auge. Bei Jürgen Albert Motorsport in Oberhausen gab ich den 195-PS-Motor in Zahlung und erhielt statt dessen ein neues Aggregat auf Grundlage des 204-PS-Blocks. Mit Schrick-Nockenwellen und Mahle-Kolben leistete dieses Triebwerk immerhin 235 PS. Das Bilstein-Rennfahrwerk aus dem Carrera RSR 3,0 und eine Torsionssperre begleiteten meine Suche nach Fortschritten. Alle Hinweise und Ratschläge, was eigentlich noch hätte gemacht werden sollen, waren aus finanziellen Gründen nicht umsetzbar. So gerüstet, ging es auf die Rennstrecke. Ich rückte ins Mittelfeld vor. Mit neuem Motor und RSR-Fahrwerk kam zum ersten Mal Spaß auf. Allein die Bremsanlage erwies sich nach wie vor als unberechenbar. In Spa-Francorchamps kam ich mit Edgar Salewsky ins Gespräch, der in der Nachbarbox einen 911 RS umsorgte. Ich bat ihn als "alten Porsche-Hasen”, meine malade Bremsanlage kurz in Augenschein zu nehmen. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Salewsky ist Inhaber der BSM Salewsky GmbH im belgischen Eupen. Seit Jahren schon mit Vorbereitung und Einsatz historischer Renner beschäftigt, ist er ein Profi auf seinem Gebiet.

Salewsky fragte ungläubig: “Wie bist du mit dieser Bremse seit zwei Jahren durch die technische Abnahme gekommen?” Es stellte sich nämlich heraus, dass Bremssättel vom 996 eingepasst und kleinere Scheiben verwendet worden waren, um die vorgeschriebenen 16-Zoll-Räder montieren zu können! Ich erwarb von Edgar Salewsky die komplette Bremsanlage eines Straßen-930 turbo 3,3. Sie ist vom 917 abgeleitet worden, zur Kühlung mit Querrippen versehen und auch für den 911 SC zugelassen. Plötzlich bremste das Auto dort, wo ich es wollte. Die Rundenzeiten machten einen Satz nach vorn und ich ebenfalls. Salewsky hinterfragte die bisher durchgeführten Umbauten und das Fahrverhalten. Speziell beim Beschleunigen fehlte “Dampf”. Nach Auswertung der Getriebeübersetzung stellte er schmunzelnd fest: “Du hast das schnellste Auto im Feld. Aber du brauchst eine mindestens fünf Kilometer lange Gerade, um Anlauf zu nehmen.” Die Übersetzung hätte für unsere selige Berliner Avus gepasst – kein Wunder, dass im unteren Drehzahlbereich viel zu wenig passierte! Wir änderten die Übersetzung auf 8:35, was der 84er Rallyeausführung des SC RS entsprach. Nun konnte sich die Motorleistung entfalten, die Rundenzeiten wurden immer kürzer, der erste Klassensieg ließ nicht lange auf sich warten. Plötzlich war ich in den Top 20 angekommen.

Zu Weihnachten 2007 bekam ich Jörg Austens Buch “Porsche 911 Rallye- und Rennsportwagen” geschenkt. Darin war die technische Dokumentation aller von Porsche eingesetzten Elfer zu finden. In diesem einzigartigen Nachschlagewerk konnte ich schnell finden, was ich suchte. Da gab es 1978 einen 911 SC, mit dem Jean-Pierre Nicolas die Rallye Monte Carlo gewann. Drei Jahre später steuerte Walter Röhrl diesen 911 SC aus dem Rennstall der französischen Gebrüder Alméras bei der Rallye San Remo. Interessanterweise hatten diese Autos seitlich angesetzte Glasfaser-Kotflügelverbreiterungen im Stil des 934 turbo. Mein Ehrgeiz war erwacht, das Niveau der Jahre 1978 bis ‘81 zu erreichen. Dabei half mir das “Kundenzentrum Classic”. Dieser Bereich des historischen Backsteingebäudes im Werk Zuffenhausen ist auf Fälle wie den meinen spezialisiert. Man bemühte sogar Jürgen Barth im “Unruhestand”. Der Le-Mans-Sieger von 1977 gab den entscheidenden Hinweis, wo die Homologationsunterlagen und technischen Datenblätter zu finden waren. Im Winter 2007/08 begann der dritte und letzte Bauabschnitt. Da ich erfahren hatte, dass die Produktion von Diagonalreifen bald auslaufen würde, beschloss ich auf Anraten von Edgar Salewsky, das Fahrwerk entsprechend zu verändern. Die Radialreifen erfordern höhere Sturzwerte.

Auch der Motor kam noch einmal auf den Seziertisch. Eine mechanische Saugrohr-Einspritzung ersetzte die K-Jetronic, verstärkte Ventile und Ventilteller lösten das Serienmaterial ab. Die Verdichtung erhöhte sich nach dem Beispiel des SC RS auf 10,5 : 1. Die Dimensionen der polierten Fuchs-Felgen legten vorn von 8J x 16 auf 10J x 16 und hinten von 10J x 16 auf 13,5J x 16 zu. Neben den Kotflügelverbreitungen nahmen Front- und Heckspoiler ebenfalls die Form des 934 turbo an. Der Motor leistete auf dem Prüfstand jene 290 PS, die der SC RS in der Rallye-Europameisterschaft 1984 erreichte. Bereits die ersten Testfahrten in Spa-Francorchamps ließen das Potenzial erkennen. Mir ging das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht! Mein Porsche entsprach nun in vielen Belangen dem einstigen Werksstand – und meinen Vorstellungen eines Elfers für die Rennstrecke. Edgar Salewsky übernahm die Betreuung bei den Starts in der Youngtimer-Trophy. 2008 stellte sich der erhoffte Erfolg ein. Die Rundenzeiten zogen je nach Strecke um drei bis zehn Sekunden an. Auf einmal fand ich mich unter den ersten zehn wieder.

Bei “Egons 500-km-Rennen” im Mai 2008 fuhr ich gemeinsam mit meinem jüngeren Bruder auf den 15. Gesamtrang und den zweiten Platz in der Klasse. Wir waren innerhalb der Top 20 das einzige Auto mit zwei Tankstopps, die wir aufgrund des kleinen 80-Liter-Tanks einlegen mussten. Als die Saison vorbei war, hatte ich die Gruppe-4-Sonderwertung gewonnen und im Gesamtklassement der Youngtimer-Trophy als bester Porsche den siebten Platz belegt. Mein Fazit: Die Veränderungen haben sich ausgezahlt, insbesondere der konsequente Wechsel von Hobbyschraubern hin zu einem Profi. Das Rennen fahren macht jetzt unbändigen Spaß, die Kurvengeschwindigkeiten mit den Radialreifen sind enorm, für die Beschleunigung gilt dasselbe. Mein 911 SC beschert jene Gänsehaut, die ich vor zehn Jahren an der Nürburgring-Nordschleife bekam – damals, als ich noch ein Zaungast war." (Zitat Ende)

Von: Andreas Schulz, aufgezeichnet von Carsten Krome

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