914 in "Sunflower Yellow"

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1. Mai 2010, Trabrennbahn Dinslaken: das große Schaulaufen der schönsten, schnellsten und kuriosesten Porsche. Wer stach aus all den Superlativen heraus? Die Antwort: ein sonnengelber, eher bescheidener 914-1,7. Im Juli 2006 übernahm Christian (33), Diplom-Medienökonom mit Solinger Wurzeln und Kölner Wohnsitz, den US-Reimport. Gebaut worden ist der Mittelmotor-Porsche bei Karmann in Osnabrück, so wie alle 914-1,7 mit dem Vierzylinder-Boxer des VW 411 E. Für Christian war die 80-PS-Version der Einstieg in die Markenwelt. Wir luden ihn beim "9. Clubday der Porsche-Freunde" spontan zu einem Ausflug einschließlich Fotostopp an den linken Niederrhein ein. Bei wechselhafter Wetterlage war Eile geboten. An der Halde Norddeutschland vor den Toren der Stadt Moers entstanden unsere Aufnahmen. Christian kommentiert die Bilder mit seiner Chronologie der bisherigen vier Porsche-Jahre. Die Überschrift entspricht der US-amerikanischen Farbbezeichnung. Sie lautet treffend:

"'Sunflower Yellow' – bis zur Übernahme meines 914-1,7 am 17. Juli 2006 hatte ich mit einem solchen Modell keinerlei Erfahrungen vorzuweisen. Mein erstes Auto war ein 1972er VW Käfer – eine schlimme Mogelpackung mit vertuschten, tellergroßen Rostlöchern in den Radhäusern. Ich war gerade mal 18 Jahre jung und wollte nach dem Führerschein Klasse 3 eigentlich auch noch die Lizenz zum Motorradfahren lösen. Dann aber lockte mich diese eine Zeitungsannonce, die ein "Superauto" bewarb – eben meinen ersten Käfer. Mit dem Verkäufer konnte ich außergerichtlich einig werden und die Rostlaube an ihn zurückgeben. Um mein zweites Exemplar, einen 1962er Faltdach-Käfer, war es leider kaum besser bestellt. Einziger Unterschied: Die "blühenden" Auswüchse im Blech zeigten sich an weniger zugänglichen Stellen. Aufgeben war aber noch nie meine Stärke. Mein dritter Käfer – diesmal einer des Jahrgangs 1967 - sah von Anfang an bescheiden aus. Da wusste ich von vornherein, was Sache war und hatte jahrelang meinen Spaß daran! Eines Tages rief mich Roland, der Inhaber der Werkstatt meines Vertrauens, an. Er war es, der all die Schäden an meinen drei VW Käfer ausfindig machen und mir jedesmal erklären musste. Nun stellte er einleitend und voller Zuversicht in der Stimme fest: "Du wolltest doch schon immer einen 914er haben..."

Richtig, das war mit zwölf Jahren, und es handelte sich um den VW-Porsche eines Nachbarn! "Der Wagen befindet sich in sehr gutem, rostfreiem Originalzustand, direkt aus den Vereinigten Staaten”, führte Roland aus. Das saß! Nach einem kurzen, aber ernüchternden Check meiner Finanzlage war alles klar: Ein Auto wie dieses passt inhaltlich zwar immer – aber meine Geldbörse sah zu diesem Zeitpunkt etwas schmalbrüstig aus. Investition in die Zukunft, eine angenehme Anlageform? Ja, vielleicht! Auf jeden Fall entgegnete ich: "Roland – ja klar, super – ich bin auf dem Weg!" Der Rest ist Geschichte, die Sitzprobe fiel trotz meiner etwas über zwei Meter Körpermaß positiv aus. Und nachdem ich verinnerlicht hatte, dass der erste Gang unten links zu finden ist, waren die 80 PS auch beim Anfahren durchaus in Ordnung. Kleinere Lackmängel und Gebrauchsspuren lagen im Rahmen des Vertretbaren. Die dokumentierten Vorbesitzer mussten verantwortungsvolle Zeitgenossen gewesen sein. Ein bisschen sieht dieser VW-Porsche wie ein Gabelstapler aus mit den "Bumperbars" vorn (oh Schreck, ein Anglizismus!), und die Blinker an den Seiten wirken so, als gehörten sie nicht dorthin. Rote Rückleuchten sind dagegen Chef! Die US-amerikanische Ausführung ist auf den ersten Blick zu identifizieren, das macht den Wagen irgendwie auch einzigartig.

Das originale Lenkrad musste einer kleineren Version weichen, da meine Beine sonst nicht unterzubringen gewesen wären. Die Geschwindigkeitsanzeige markierte ich auffällig in den für Blitzer relevanten Bereichen. Hauptsache, sagte ich mir, die Meilenanzeige bleibt! Gleichmäßigkeitsfahrten bei Oldtimer-Rallyes kann ich damit sicher nicht gewinnen. Statt dessen errate ich fast immer, welche Bauteile sich im Krabbelsack befinden! Zurück zum Wesentlichen – der Wagen soll einfach so bleiben, wie er ist, weshalb auch stärkere Maschinen nebst einhergehender Veränderung von Bremsanlage und Getriebe nicht in Frage kommen. Selbst nach diversen Begegnungen mit Kollegen, die über stärkere PS-Leistungen verfügten, blieb ich meiner bisherigen Linie treu. Zugegeben – verlockend wäre es schon: so ein Mittelmotor mit sechs Zylindern, dazu ein Sound, der (nach vorne) treibt!

In Sachen Klangmanagement bin ich dennoch gut versorgt. Zwar sehe ich mich nicht als Freund von "Poserblenden" oder röhrenden Auspuffanlagen mit wenig PS davor, aber ich muss doch eingestehen, dass ich vom vierstrahligen Abgassystem mehr als angetan war! Da es bereits in den Staaten zum Einsatz kam, passte weiterhin alles ins Bild. Ähnlich wie der VW Käfer ist der 914-1,7 bereits ab Werk mit einem gewissen Charisma ausgestattet. Früher ärgerte er die "richtigen" Porsche-Eigner, da nun auch der Angestellte einen Wagen der Wappen-Klasse besitzen konnte. Heute zaubert er nur noch ein Lächeln in die Gesichter seiner Betrachter, und es ist kaum vorstellbar, wer "so einen auch schon mal hatte”. Zahlreiche Gespräche über die Vorteile des Mittelmotors, den ungeahnten Stauraum, den Spaß in den Kurven habe ich geführt, getreu der Devise: “Na ja, 80 PS sind nicht sooo viel, aber er geht ja trotzdem ganz gut.” Man ist sich im Herzen einig: Sechs Zylinder wären irgendwie noch besser.

Mit dem Stauraum konnte ich meine damals noch taufrische Liebe beeindrucken – und mich selbst genauso. Es sollte nach Sylt gehen mit dem 914er, und nein, nicht alle Schuhe durften mitgenommen werden! So fuhr ich denn mit dem Wagen bei meiner Leonie vor, und als wir alles verstaut hatten, hieß es: "Äh, wieso sollte ich denn eigentlich weniger einpacken? Da geht doch noch was rein!” In der Tat – da war noch richtig viel Platz… Wir mussten dann aber auch los. Die bis dahin längste Tour am Stück mit inkludierter Zugfahrt hat dem Wagen sehr gut getan. Keine Probleme, kein Nörgeln, nur der Wind im Haar und gutes Wetter – so muss das sein! Ich muss feststellen, die Insel steht ihm gut – einzig auf dem Parkplatz der “Sansibar”, da sah er doch ein bisschen verloren aus zwischen all den 911er turbo, Cayenne, Mercedes oder Range Rover. Nachdem aber viele, viele Wanderer ihre Erinnerungsfotos von ihm geschossen hatten, strahlte sein Gelb noch ein bisschen heller – meine ich zumindest.

Reingeregnet hat es auf Sylt allerdings auch, ansonsten ist der Wagen aufgrund der Wetterverhältnisse mehr in der Garage als auf der Straße anzutreffen. Ich habe einen leichten Anflug von panischer Angst vor Rost. Daran sind die Straßengeschichten, aber auch die einschlägige Literatur schuld – soll der 914er doch eine furchtbare Rostlaube sein. So wie mein erster Käfer – war da mal was? Nur im Sommer und an schönen Herbsttagen wage ich eine Ausfahrt. Dann heißt es: Dach ab, reingesetzt, den Zündschlüssel gedreht, und los geht es! Jedesmal ist es ein Erlebnis, schnelle Kurvenfahrten liegen dem Kleinen besonders. Man muss vorher nur genug Schwung holen. Bei einsetzendem Regen bekommen wir beide schlechte Laune. Dann sieht das Sonnenblumengelb so blass aus, und wir fahren schnell nach Hause ins Trockene. Dort warten wir dann auf den nächsten Sonnenstrahl, bevor es erneut heißt: Dach ab, reingesetzt, den Zündschlüssel gedreht und…

Vielleicht gilt das eines Tages auch für einen luftgekühlten Elfer. Für mich hat der 914 nämlich ein Grundproblem, das er sich mit Boxster und Cayman teilt: die Zahl der Sitzplätze. Wir sind im Augenblick zu dritt. Das bedeutet, dass eine meiner Frauen – Leonie oder Lilly (7) – nicht mitfahren kann, sobald es losgeht. Im 911 stünden uns vier Sitzplätze zur Verfügung, ich schiele zurzeit auf ein G- oder F-Modell. Die Konsequenz: Ein Modellwechsel dürfte kaum zu vermeiden sein, zumal neben dem Porsche noch ein Alltagsauto existiert. Den Bestand auf drei Fahrzeuge ausbauen, eine Sammlung anlegen? Nein, für mich käme das nicht in Frage. Ich werde mich entscheiden müssen zwischen dem 914er, der mir bleibende Erinnerungen an die Insel Sylt bescherte, und einem Modell mit zwei plus zwei Sitzplätzen. Die US-Bezeichnung der Außenfarbe des 914-1,7 werde ich auch als glücklicher Besitzer eines 911 nicht mehr vergessen: “Sunflower Yellow” – der Name war und ist für mich Programm..."

Von: Christian Sorgnit, Carsten Krome

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