Am 31. Januar 2009 eröffnete das neu erbaute Porsche Museum. Dort werden 80 Exponate in einzigartiger Atmosphäre präsentiert. Frank Essig (37) gehörte zu den Besuchern der ersten Stunde. Der offene, weiße 936/77 im Sponsordesign des traditionellen Porsche-Partners Martini & Rossi faszinierte ihn am meisten. Er besann sich seines eigenen, weißen 911 (996) Carrera 2 und beschloss, die Anregung aus dem Porsche Museum zu übertragen. Einen geeigneten Rahmen hatte er vorher geschaffen. Der Marketing-Spezialist empfand es als eine Verpflichtung, das Le-Mans-Farbschema auf einer Karosserie mit sportlicher Identität spazieren zu fahren.
In PORSCHE SCENE 08/2007 tischten wir einen trockenen Martini auf. "Magic Stripes" – übersetzt: "Magische Streifen" – lautete unsere Historie des 1970 gegründeten Martini Racing Teams. Der aristokratische Italiener Conte Gregorio Rossi di Montelera fand Gefallen an der Förderung des Spitzensports, 1971 erlebte er den ersten Sieg eines Martini-Porsche bei den 24 Stunden von Le Mans. Es war das weiße 917 Kurzheck Coupé unter Helmut Marko und Gijs van Lennep, das die Ziellinie an erster Stelle erreichte und nebenbei einen für unantastbar gehaltenen Distanzrekord aufstellte. 5.335,313 Kilometer – oder 397 Runden – legten der heutige Red-Bull-Berater und sein Fahrerkollege aus den Niederlanden zurück. Der Hochgeschwindigkeitskurs kam noch gänzlich ohne Schikanen aus. Dabei konnte es nicht bleiben, Rundenzeiten und damit auch die in 24 Stunden erreichbaren Distanzen verschlechterten sich. Erst jetzt, 39 Jahre später, spulten die an Audi Sport ausgeliehenen Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard und Romain Dumas an der Seite des Ex-Porsche-Junioren Mike Rockenfeller 5.410 Kilometer ab. Sie drehten wie Helmut Marko/Gijs van Lennep 397 Runden. Aufgrund einer längeren Wegstrecke – inzwischen entschärfen Schikanen die brisantesten Passagen – fiel die Kilometerleistung der Gewinner von 2010 höher aus als 1971.
Damit sei der Bogen in die Gegenwart gespannt – zu einem weißen 996 Carrera 2 Coupé, das die Martini-Legende aufgreift. Es ist mit den gleichen "magischen" Streifen beklebt, die 1977 die beiden 936/77 des Werksteams und 1980 den 908/80 von Reinhold Joest zierten. Einer dieser Spyder ist im neuen Porsche Museum zu bestaunen. Das weiß auch Frank Essig (37), der zu den Besuchern der ersten Stunde gehörte und starke Eindrücke mit zu sich nach Hause nahm. Besonders hatte es ihm der ausgestellte Martini-936/77 (Chassisnummer 936.002) angetan. Der Diplom-Betriebswirt aus der Nürtinger Gegend nahm sich vor, das Sponsordesign auf seinen privaten 996 Carrera 2 zu übertragen. Doch das war leichter gesagt als getan. Die Firma Stadelmayer Werbung in Kirchheim/Teck bot sich zwar als Dienstleister an, doch der Grafik-Entwurf eines Freundes ließ sich nicht auf Anhieb umsetzen. Der Hintergrund: Eine dreidimensionale Darstellung war an dessen Rechner nicht möglich, Rundungen und Tiefen konnten nicht simuliert werden. Die Konsequenz: Um Schnittschablonen zu erstellen, mussten die Konturen der Martini-Streifen mit dicken Edding-Faserstiften aufgemalt werden. Dies konnte aber nicht auf dem Porsche-Originallack erfolgen, weshalb zunächst eine weiße Teilfolierung aufgezogen werden musste. Anschließend waren jedoch keine weiteren Hürden zu überspringen.
Frank Essig beschreibt das Ergebnis als gelungen: "Das hat alles gepasst." Dass er einen Sinn für Details hat, zeigt sich am unteren Ende der "Aerokit"-Bugschürze aus dem Tequipment-Programm. "Mir fehlte da unten ein Abschluss", berichtet der Enddreißiger, "weshalb ich Edo Karabegovic ansprach. Er empfahl die Frontspoiler-Lippe aus dem Carrera-Cup, die habe ich in ein leuchtendes Rot einfärben lassen. Viele der Martini-Porsche sahen ähnlich aus, beim 936/77 aus dem Werk war zusätzlich die Heckblende in Leuchtrot ausgelegt." Am Heck des 996 ist übrigens ein Flügelblatt in den Konturen des GT3 RS anzutreffen. Die Bezugsquelle: ebenfalls edo Competition. Optische Akzente setzen auch die zweiteiligen BBS-Le-Mans-Räder. Ihre Sterne sind in Mattschwarz pulverbeschichtet, die Außenschüsseln in Glanzschwarz. "Das sieht klassisch aus!", freut sich Frank Essig. "Mein Vorbild, der 936/77, stand bei einigen seiner Werkseinsätze auf mattschwarzen Rädern im Fünfspeichen-Design. Sie erinnerten mich an die 917er-Ära." In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Schiltacher Felgenhersteller BBS bereits auf dem Vormarsch war. Beim Le-Mans-Triumph 1977 rollte der Martini-936 auf BBS-Dreiteilern mit charakteristischen Lüfterflügeln, die den Bremsen Kühlung zufächerten. Von dieser Warte betrachtet, hat Frank Essig alles richtig gemacht. Auch er bestellte beim traditionellen Porsche-Lieferanten BBS – obendrein das Produkt im Namen des großen Langstrecken-Klassikers an der Sarthe.
Le Mans – wer diesen Mythos für sich in Anspruch nimmt, stellt meist auch Ansprüche an die Fahrdynamik. H&R – ein weiterer Porsche-Originalausstatter – lieferte ein Gewindefahrwerk, das Frank Essig ohne persönliche Voreinstellungen übernahm. "Die kennen sich damit aus", schätzt der Szene-kundige Schwabe die Situation durchaus realistisch ein. Auch in Sachen 3,4-Liter-Motor macht er sich nichts vor. Dass bei der Saugversion mehr als 340 PS ohne größeren Aufwand nicht zu erzielen sind, hat Frank Essig verinnerlicht. Bei 300 PS in der Serie ist das zwar kein Quantensprung, auf der anderen Seite wird der zumindest als sensibel geltende Treibsatz des Typs M 96/01 nicht über Gebühr strapaziert. Im vorliegenden Fall beschränkten sich die Eingriffe auf das Abgassystem einschließlich der Katalysatoren, ein Drosselklappen-Kit inklusive Luftfilter sowie die Anpassung der Motronic beim Bosch-Service Henni in (D-73249) Wernau. Und warum ausgerechnet dort? Frank Essig antwortet, als sei es eine Selbstverständlichkeit: "Dieser Betrieb genießt unter Porsche-Enthusiasten einen ausgezeichneten Ruf, was sich auch bestätigte. Die Spezialisten spielten ihre Mappings auf, alles funktionierte ohne Probleme." Die Kilometerleistung des 2005 erworbenen Gebraucht-Sportwagens verdoppelte sich – mal ganz grob gerechnet – von 40.000 zum Zeitpunkt der Übernahme auf 80.000. Dazu leisten Bremssättel des Renault-Formel-1-Ausrüsters MOV´IT® ihre Beiträge. Vorne sechs Kolben, hinter derer vier – das ist eine aus dem Carrera-Cup bekannte Rezeptur.
Frank Essig führt diese Bestückung auf seine Zeit im aktiven Motorsport zurück: "Damals kam ich regelmäßig mit Marken in Berührung, die auf ihren jeweiligen Spielwiesen 'State of the Art' waren." Dass diese Feststellung auch auf einen Porsche zutrifft, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Bestätigung folgt prompt: "Mobilität und Individualität spielten für mich schon eine Rolle, da war ich noch Mofa-Fahrer. Später habe ich mich über Renault 5, Audi 90 Quattro 20V und VW Corrado bis hin zum Carrera 2 entwickelt. Ich muss allerdings feststellen, dass die Porsche-Welt nicht nur aufgrund des Kostenniveaus ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten hat!" Wie er das meint? "Es ist doch ganz einfach", analysiert er, "man bekommt mit der Zeit ein Gefühl, was die umfassende Optimierung eines Autos kostet. Dieses Wissen kann man auf einen Porsche aber nicht anwenden." Und der Gegenwert? Frank Essig kommt auf den Besuch der "Porsche Showtime" in Interlaken zu sprechen: "Die Resonanz auf mein Martini-Konzept war positiv, überwältigend positiv." Noch etwas beschäftigt ihn: "Da ich beruflich einen Dienstwagen nutzen kann, fährt mein fast 70-jähriger Vater immer wieder mal den Porsche. Er genießt es, wenn sich die Leute fragen, was mit dem netten, älteren Herrn wohl los sein könnte. Vielleicht halten ihn manche sogar für einen Ex-Werksfahrer. Bei der 'Kriegsbemalung' würde uns das beide kaum wundern!"
Eine Frage bleibt ungeklärt: Was bedeutet die Ziffer "73" auf der Fronthaube, wenn die 936-Saga doch erst 1976 losging? Unter herzhaftem Gelächter klärt "Franky", unter diesem Kosenamen kennen ihn seine Freunde, auf: "1973 ist mein Geburtsjahr!" Er kichert noch eine Weile weiter. Als ob sich BWLer keine Zahlen merken könnten...
Von: Carsten Krome
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