PORSCHE SCENE Insights: 1996er 911 (993) Carrera 2 Coupé, aufwändig umgebaut im Stil des 993 3,8 Cup ab MJ 1995, Foto: Carsten Krome
PORSCHE SCENE Insights: 1996er 911 (993) Carrera 2 Coupé, aufwändig umgebaut im Stil des 993 3,8 Cup ab MJ 1995, Foto: Carsten Krome
PORSCHE SCENE Insights: 1996er 911 (993) Carrera 2 Coupé, aufwändig umgebaut im Stil des 993 3,8 Cup ab MJ 1995, Foto: Carsten Krome
PORSCHE SCENE Insights: 1996er 911 (993) Carrera 2 Coupé, aufwändig umgebaut im Stil des 993 3,8 Cup ab MJ 1995, Foto: Carsten Krome
PORSCHE SCENE Insights: 1996er 911 (993) Carrera 2 Coupé, aufwändig umgebaut im Stil des 993 3,8 Cup ab MJ 1995
Nach dem erfolgreichen 964 Carrera Cup M001, den Porsche 342-fach auflegte, folgte 1994 das Nachfolgemodell auf 993-Basis. Mit 306 Einheiten hielt der zweite und zugleich auch letzte Markenpokal-Bolide mit Luftkühlung die vorgelegte Schlagzahl. In den Augen jener, die ihren Serien-Carrera 2 für Straße oder Clubsport modifizieren wollen, blieb er ein Maßstab. Vor allem sein Leergewicht von 1.120 Kilogramm erwies sich als eine ernstzunehmende Vorgabe. Ihr zu entsprechen, setzt kostenintensiven Leichtbau voraus. Doch das ist es nicht allein. Denn wer auf der Waage wie ein 993 Carrera Cup M001 abschneiden will, muss dessen Anatomie verinnerlicht haben und bereit sein, sie mit dem Lasermessgerät zu studieren. Solchen Aufwand trieben bewährte Porsche-Couturiers aus der Mitte Deutschlands. Was sie dabei erreichten, lässt sich auf eine Zustandsbeschreibung herunterbrechen.
Manches Ende kann auch ein Anfang sein. Diese gern bemühte Weisheit trifft auf einen Porsche zu, der am 1. Mai 2009 beim "8. Internationalen Clubday" auf der Trabrennbahn Dinslaken als ein sicherer Anwärter auf einen PORSCHE-SCENE-Beitrag vom Platz ging. Dennis, der damalige Besitzer, stellte ihn nach umfassender Modifikation als Visitenkarte seines in Herten neu gegründeten Werkstattbetriebes Elferwelt vor. Doch ehe es zu einer Fotoproduktion in Rufweite des Redaktionssitzes kommen konnte, hieß es plötzlich: "Wir müssen verschieben!" Was war passiert? Nach missglückter Testfahrt eines Kunden stand der 1996er 993 Carrera 2 mit onduliertem Vorderwagen da. Die Reserveradmulde hatte es besonders schwer getroffen, beide Längsträger standen jedoch in angestammter Richtung: "Glück gehabt", mögen Fachleute des Karosseriehandwerks aus dieser Beschreibung schließen. "Keinen Nerv mehr!" konstatierte der Geschädigte. Er gab den Wagen zum Verkauf frei und fand in Thomas Nater einen einschlägig bekannten Abnehmer. Auch den Göttinger Kaufmann verbindet mit dem Porsche-Spektrum ein gewerblicher Hintergrund, unter seinem Firmennamen AP Car Design beschäftigt er sich seit 1994 mit Fahrzeugumbauten. Nach markenoffenen Anfangsjahren spezialisierte er sich mehr und mehr auf Porsche-Projekte.
Zu Thomas Naters bevorzugten Disziplinen gehören Standard-Carrera mit Luftkühlung, die er unter beträchtlichem Aufwand in Cup-Replikate verwandelt. Unsere Reportage "Einsatz in vier Wänden" in PORSCHE SCENE 11/2009 beschrieb einen solchen Cup-Klon, dessen Erstellungs- und Wiederbeschaffungskosten einem gebraucht gekauften Original selten etwas nachstehen. Warum dann das Ganze, liegt es am Reiz des Selbermachens, der Auseinandersetzung mit faszinierendster Porsche-Materie oder ganz einfach an Markterfordernissen? Thomas Nater fällt dazu folgendes Beispiel ein: "Wir hatten den Auftrag, für das Porsche-Zentrum Hannover einen 993 Carrera 2 auf Original-Cup-Stand zu bringen. Dies betraf selbstverständlich auch die eingeschweißte Matter-Sicherheitszelle. Die Herstellerfirma war aber nicht mehr aktiv, wir mussten ein Cup-Fahrzeug ausfindig machen und mit dem Lasermessgerät jeden Winkel, jede kleine Rohrlänge erfassen, sozusagen abscannen. Mit den Daten sind wir notgedrungen zu einem anderen Hersteller gegangen, der für uns ein Derivat produzierte. Immer mehr Enthusiasten sind an hundertprozentigen Nachbildungen historischer Vorlagen interessiert. Das wirkt sich natürlich auf unsere Arbeitsweise aus, Recherchen nehmen eine immer zentralere Rolle ein."
Zurück zum 1996er 993 Carrera 2, dessen Konzeption keiner weiteren Klärung bedurfte: Elferwelt-Dennis hatte sich bereits an die erste Cup-Ausführung des 933 angelehnt. 1994 legte Porsche zunächst 90 Einheiten ohne aerodynamische Hilfen wie Spoilerwerk an Front und Heck oder den strömungsoptimierten Seitenschwellersatz auf. 1995 erfolgte eine Evolution, aus der die bis 1998 gebräuchliche Version hervorging. Deren äußere Erkennungszeichen: dreiteiliges Frontspoiler-Unterteil, seitliche Luftführungen und ein großes, auf die Motorhaube montiertes Heckleitwerk mit einstellbarem Flügelblatt. Diese Konfiguration übernahm Thomas Nater für den unvollendeten Carrera-Umbau, aber nicht in sämtlichen Punkten. Auf den Einbau eines Einarm-Scheibenwischers – das Original besaß nur einen fahrerseitigen Wischerarm – sollte verzichtet werden. Dasselbe galt auch für die dreiteiligen Speedline-Räder. Eine Heckscheibenblende war am Original ebenso wenig zu finden – Unterscheidungskriterien für Profis. Sie erhielten einen weiteren Anhaltspunkt. Denn die Nachbildung einer eingeschweißten Matter-Sicherheitszelle war diesmal nicht vorgesehen, obwohl die Konstruktionsdaten nach dem Auftrag des Hannoveraner Porsche-Zentrums vorgelegen hätten.
Eine exakte Kopie des 993 Carrera Cup M001 entsprach nicht der Aufgabenstellung. So blieb genügend Raum für individuelle Lösungen wie einen mit der Karosserie nicht verschweißten, sondern verschraubten Überrollkäfig. Wiechers produziert ihn für Porsche-Sportfahrer, die auf gewisse Annehmlichkeiten wie einen Velours-Teppichsatz nicht verzichten wollen. Beim hier beschriebenen Projekt ist ein mit rotem Faden eingefasster Bodenbelag in Mercedes-Benz-Qualität verarbeitet worden. Alcantara auf dem Armaturenträger, den Türverkleidungen und am Dachhimmel vermitteln den gewünschten Restkomfort, das tief geschüsselte Momo-Lenkrad ist von Haus aus mit Wildleder bespannt. Vierpunkt-Sicherheitsgurte erleichtern das Ein- und Aussteigen, Recaro-Sitzschalen wie im Carrera RS unterstützen dies. Die Zugeständnisse an die Alltagstauglichkeit sind damit jedoch ausgeschöpft, Klimaanlage und Servolenkung entfielen aus Gewichtsgründen. Ein Klon des Cup-Carrera war zwar nicht beabsichtigt, dessen Leergewicht von 1.120 Kilogramm jedoch eine ernsthafte Vorgabe. Bei annähernd gleicher Motorleistung – 315 PS lagen beim Original an, 311 PS standen dem Nater-Projekt nach Eingriffen in Schaltsaugrohr, Abgassystem und Motronic zur Verfügung – war eine Fahrdynamik auf ähnlichem Niveau das Ziel. Leichte Karbon-Hauben vorn und hinten trugen in Verbindung mit Kunststoff-Scheiben zur Umsetzung bei. Auf das Heckfenster ist Thomas Nater besonders stolz, er hat es "bombieren" lassen und darf sich indiskreter Rückfragen sicher sein.
"Bombieren" – was in aller Welt ist das? Um eine Antwort ist der Göttinger nicht verlegen. Sein Return hört sich wie folgt an: "Preisgünstige Kunststoff-Heckfenster liegen oft plan, da fehlt jegliche Wölbung. Bombierte Scheiben sind dreidimensional gebogen, was der Elfer-Silhouette eher gerecht wird." Dass die leichtgewichtigen Fenster über Prüfzeichen verfügen, ist für ihn selbstverständlich: "Es kann ja nicht sein, dass aufgrund eines fehlenden Prüfstempels die Betriebserlaubnis gefährdet wird oder sogar erlischt. Die uneingeschränkte Zulassung für den Straßenverkehr war oberstes Gebot, allein schon für die Option Nürburgring-Nordschleife." Auf dem beliebten Eifelkurs sind bei den öffentlichen Touristenfahrten keinerlei Sonderkennzeichen mehr zugelassen, dem Schmu früherer Jahre wurde ein Riegel vorgeschoben. Ohne vorherige Umbauten wären übrigens auch Original-Cup-Carrera nicht zulässig, diese galten als reinrassige Sportfahrzeuge ohne Straßenzulassung. TÜV-fähig waren sie nur mit nachgerüsteten Sonnenblenden, Handbremse sowie Eingriffen in die Auspuffanlage einschließlich Motorsteuerung. Abgaswerte und Geräuschentwicklung hatten den allgemeinen Vorschriften zu entsprechen. Das alles war durchaus möglich, aber eben mit Aufwand und Kosten verbunden. "Dieses Pferd haben wir aus der entgegengesetzten Richtung aufgezäumt", fasst Thomas Nater zusammen, "und lieber Feinjustierungen an der Serientechnik vorgenommen." Bei Antriebsstrang und Bremsen handelt es sich folgerichtig um modifizierte Carrera-Standardteile.
Dank dieser Strategie blieb der Etat halbwegs im Rahmen, auch wenn 68.000 Euro Wiederbeschaffungskosten ein Wort sind. Hochwertige Komponenten wie das H&R-Gewindefahrwerk inklusive Stützlagersatz oder die BBS-Räder hinterließen in der Schlussbilanz ihre Spuren. Der Gegenwert: Bei drei Grad Sturz ist eine auf der Straße gerade noch vertretbare Abstimmung gefunden worden, die auch auf der Rennstrecke funktioniert. Und darin lag der Sinn der Übung: ein Porsche, der ohne einen Transportanhänger an den Nürburgring findet, um Freude am forcierten Fahren zu bereiten. Der aktuelle Besitzer, seines Zeichens Testingenieur bei einem großen, niedersächsischen Automobil-Konzern, brachte einen gewissen Anspruch mit. Thomas Nater, der den Zündschlüssel ungern weiterreichte, erinnert sich: "Da rollte auf einmal ein Bugatti Veyron heran, der Mann stieg aus und stellte sich als Anwärter auf unseren 993 vor. Ich dachte mir nur: 'Na, wenn der sich auf 1.001 PS eingeschossen hat, werden ihn 311 PS im Carrera wohl kaum von den Socken hauen.' Aber er hat schnell bemerkt, dass PS-Zahlen und gefühlte Fahrleistung zwei Paar Schuhe sind." Mit 1.120 Kilogramm Gewicht wie bei einem Cup-Carrera geht es leichtfüßig voran, Pagid-Bremsbeläge und Sperrdifferenzial sind zuverlässige Helfer bei schnellerer Gangart. "Ringtools" heißen Autos wie diese bei den Engländern, übersetzt: Werkzeuge für die Nürburgring-Nordschleife und alle übrigen Rundkurse.
Weil in diesem Umfeld auf Steinschläge keinerlei Rücksicht genommen wird, ließ Thomas Nater vorsichtshalber zwei Schichten "Grand-Prix"-weißen Lack und darüber noch einmal Klarlack auftragen. So bestehen Hoffnungen auf eine gewisse Nachhaltigkeit. Unsere Bilder, aufgenommen in 359 Metern Meereshöhe auf dem Flugplatz Hameln-Bad Pyrmont, legen es nahe. Eine verlebte Optik würde nicht nur den Wert, sondern auch die Anmutung dieses Beaus auf Rädern schmälern. Und das wäre verdammt schade...
Von: Carsten Krome
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